Nordostpreußen:
Die zum Puppentheater umfunktionierte Kirche gab es nicht zurück
Bericht aus IDEA 12/99
Königsberg:
Neue Kirche für Lutheraner
Die rund 400 Mitglieder der evangelisch-lutherischen Gemeinde in Königsberg (Nordostpreußen) bekommen eine eigene Kirche. Am Sonntag nach Ostern werden der Bischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Rußland und anderen Staaten (ELKRAS), Georg Kretschmar (St. Petersburg), und der neue Propst Erhard Wolfram das Gemeindezentrum in der nach der Besetzung durch die Sowjets (1945) Kaliningrad genannten Stadt einweihen. Das rund 2,5 Millionen teure Bauwerk wurde mit Mitteln der (deutschen) Evangelischen Kirche der Union und Spenden des Gustav-Adolf-Werks in zwei Jahren errichtet. Es beherbergt unter anderem einen Kirchsaal mit 400 Plätzen. die Verwaltung der Probstei und Sozialräume, in denen Bedürftige mit Essen versorgt werden können. Die meist aus Kasachstan, Usbekistan und anderen -ehemals sowjetischen Republiken- nach Nordostpreußen übergesiedelten Deutschen versammeln sich seit 1994 in einem Kino. Zu den in Deutsch und Russisch gehaltenen Gottesdiensten kommen durchschnittlich 200 Besucher. Statt neu zu bauen, wollte der Gemeinderat zunächst die nach 1945 von der Roten Armee beschlagnahmte und seither als Puppentheater genutzte Luisenkirche zurückerhalten, doch die jetzigen Nutzer verlangten ein Ersatzgebäude.
Dom wurde Kulturzentrum
Seit dem 31. Oktober können die Protestanten auch eine Kapelle im Eingangsbereich des Königsberger Doms benutzen. Dieser war im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigt und als Ruine dem Verfall preisgeben worden. Die einst evangelische Kirche erhielt im vergangenen Jahr ein Dach und wird heute als Kulturzentrum benutzt. In der Kapelle mit etwa 40 Plätzen finden Trauungen und Taufen statt. An Ostern und Pfingsten werden im oder am Dom Gottesdienste gefeiert. Die Propstei Königsberg besteht aus 32 Gemeinden mit rund 3.000 Mitgliedern, die von drei aus Deutschland entsandten Pfarrern und einem aus Sibirien zugewanderten Prediger betreut werden. Im jetzt zu Rußland gehörenden Nordostpreußen leben insgesamt rund 900.000 Menschen, darunter etwa 5.000 Deutsche.
Die Not wird größer Ein zweites evangelisch-lutherisches Gemeindezentrum besteht in Gumbinnen (Gussew), dessen "Salzburger Kirche" 1995 mit Spenden der Stiftung Salzburger Anstalten Gumbinnen (Bielefeld) erneuert wurde. Dort erhalten täglich 69 Kinder ein Mittagessen, im benachbarten Michailowskoje 90 Kinder. Alle evangelistischen Gemeinden zusammen versorgen etwa 1.000 Kinder und Jugendliche regelmäßig mit einer warmen Mahlzeit. Nach Angaben des bisherigen Propstes von Königsberg, Claus Burmeister, nimmt die Not im nördlichen Ostpreußen zu. Die Preise für Grundnahrungsmittel stiegen rasch, während Löhne und Renten gleich blieben oder gar nicht mehr ausgezahlt würden. Viele landwirtschaftliche Betriebe hätten ihre Arbeit eingestellt. Eine Lehrerin erhalte 30 Mark pro Monat, eine Tonne Kohle koste mehr als eine durchschnittliche Monatsrente. Deshalb seien die meisten Rußlanddeutschen auf Unterstützung aus Deutschland angewiesen. Als Hilfe zur Selbsthilfe begann Burmeisters Vorgänger, Kurt Beyer (Dresden), 1992 mit der Aktion "eine Kuh für Königsberg". Mit Spendengeldern wurden seither mehr als 130 Kühe an Gemeindemitglieder abgegeben. In Zeitungen ist von einer Hungersnot in einigen Gebieten Nordostpreußens die Rede, das etwa so groß ist wie Schleswig-Holstein.
Spendenkonto:
1.Ostsächsisches Gustav-Adolf-Werk
Konto 100 150 026
bei der Landeskirchlichen Kreditgenossenschaft Sachsen
BLZ 850 951 642.
Wer in Gumbinnen mit Sach- oder Geldspenden helfen will, kann dies tun über die Stiftung Salzburger Anstalt Gumbinnen, Joachim Rebuschat, Memeler Str. 35, D-33605 Bielefeld,
Tel.: (0521) 9 24 61 80,
Fax: -9 24 61 90.
Rebuschat gehört zur evangelikalen Bewegung.
Die evangelische Kirche geht in Kaliningrad einen schwierigen Weg
Kaliningrad (dpa) - 1998/99
Erleichtert, aber auch gerührt von der Herzlichkeit des Abschieds hat der deutsche Pastor Peter Wittenburg jetzt in Kaliningrad (Königsberg) seinen letzten Gottesdienst
gefeiert. Ausdrücklich bescheinigte ihm sein bisheriger Vorgesetzter, Bischof Georg Kretschmar aus St. Petersburg, der Posten eines Probstes in Kaliningrad sei "einer der schwierigsten in unserer Kirche". Manches sei gelungen, aber der Pastor habe auch "herbe Enttäuschungen" hinnehmen müssen.
So konnte Wittenburg sich nicht schon in dem neuen Gemeindezentrum von den Gläubigen verabschieden, sondern mußte weiter seinen Behelfs-Altar auf der wenig feierlichen Bühne des Sieges-Kinos (Kino Pobeda) aufstellen. Beim Bau des Gemeindezentrums tauchten immer neue Schwierigkeiten auf - hinzu kam in diesem Sommer der Absturz des russischen Rubel. Jetzt ist zu hoffen, daß es im Frühjahr 1999 soweit ist, wenn Nachfolger Erhard Wolfram sein Amt antritt.
Pfarrer Wittenburg war der zweite evangelische Probst in Kaliningrad. Sein Vorgänger Kurt Beyer mußte nach der Registierung der Gemeinde durch die Behörden im Dezember 1991 erst auf die Suche nach evangelischen Christen gehen. In der kommunistischen Zeit war jede religiöse Betätigung verboten. Das galt für die russisch-orthodoxen und erst recht für evangelische oder katholische Christen.
Heute gehören im gesamten Bezirk von Kaliningrad etwa 3000 Menschen den evangelischen Gemeinden an. Viele leben verstreut auf den Dörfern. Sie werden von dem Probst und einer Pastorin in Kaliningrad (Königsberg) sowie von einem Pastor in Gusiew (Gumbinnen) betreut. Wie Wanderprediger reisen die Geistlichen durch die Dörfer. Sie feiern ihre Gottesdienste in deutscher Sprache mit russischer Übersetzung.
Die Gemeindemitglieder sind fast ausschließlich Rußlanddeutsche, Flüchtlinge aus den islamischen asiatischen früheren Sowjetrepubliken. Hier liegt eine der größten Schwierigkeiten der Gemeindearbeit: Viele hier gelandete Rußlanddeutschen sehen das Gebiet von Kaliningrad nur als Übergangsstation. Ihr wahres Ziel ist Deutschland.
In den knapp drei Jahren der Dienstzeit von Pfarrer Wittenburg ist etwa ein Drittel der Gemeindemitglieder nach Deutschland abgewandert. Allerdings kommen immer wieder neue Familien. Sie haben häufig nur einige Koffer und brauchen materielle Hilfe.
Daraus ergibt sich ein zweites Problem der Seelsorge-Arbeit im Gebiet von Kaliningrad:
Ohne praktische Diakonie und materielle Hilfe geht es nicht. Bei der Entgegennahme der Transporte mit humanitärer Hilfe haben die Pastoren und ihre Mitarbeiter mit einem unübersehbaren Wust bürokratischer russischer Zoll- und Steuer-Vorschriften zu kämpfen.
Eine Angestellte des Gemeindebüros ist nur damit beschäftigt, die Freigabe von Hilfsgütern aus dem Zollamt zu organisieren. Unter der Verteilung von Hilfsgütern leidet die eigentliche Seelsorge, denn wo verteilt wird, entsteht Neid und Mißgunst. Außerdem besteht die Gefahr, daß manche Leute nur zum Gottesdienst gehen, um in den Genuß der Spenden aus Deutschland zu kommen.
Finanziert wird die Gemeindearbeit in Kaliningrad durch Spendengelder aus Deutschland. Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) entsendet die Pfarrer. Sie werden für ihre Dienstzeit im Gebiet von Kaliningrad der evangelischen Kirche in Rußland (ELKRAS) und dem zuständigen Bischof in St. Petersburg unterstellt. Die Zusammenarbeit mit den Katholiken im Gebiet ist gut. Dagegen verfolgt die orthodoxe Kirche die Arbeit der Lutheraner eher mit Mißtrauen. |
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Pressebericht aus russ. Zeitung:
Gazetta Jantarni Krai
vom 23.April 1999 |
Gussew
"Haus Salzburg"
erwärmt die Herzen
Eine Woche war ein Chor aus Holland mit 24 Personen da. Eingeladen hatte ihn das Diakonie-Zentrum "Haus Salzburg" und die Ev.-Luth. Gemeinde. Das erste Konzert haben sie in der Kirche in der Stadt aufgeführt. Durch den Inhalt der wunderschönen geistlichen Lieder war Glaube, Hoffnung, Liebe rübergekommen. Die hohe Qualität des Vortrages hat die Zuhörer erobert. Die Gäste wurden herzlich empfangen vom russländischen / internationalen/Gussewer Kulturzentrum. Bis zum letzten Abend bestand die Gemeinschaft mit den Liebhabern geistlischer Musik. Bei der Gelegenheit hat sich auch hervorragend das Kinderorchester "Nebeliza", Ensemble russischer Volksinstrumente, präsentiert.
Zu dem Gesagten muss man noch hinzufügen, dass sich das Gussewer Diakonie-Zentrum nicht nur mit Kulturfragen beschäftigt, sondern auch große Barmherzigkeitsarbeit ausführt. In dem Speiseraum des Zentrums werden kostenlos 70 Stadtkinder und 93 Schüler aus der Dorfschule Majakowskoje/Nemmersdorf, mit Essen versorgt. Die Kinder erhalten dort auch Kleider und Schuhe. Mitte Mai ist ein Rehabilitationslager für behinderte Kinder mit Rund-um-die-Uhr-Anwesenheit vorgesehen. Es ist auch noch viel mehr in der Barmherzigkeitsarbeit vorgesehen. Der Initiator dieses Projektes ist ein Mensch von großer Seele: Michel Alexander Davidowitsch. Er arbeitet in engem Kontakt mit der Administration des Rayons.
Iwan Koptjew, Stellv. Bürgermeister
Uebersetzung: Jakob Neudorf
Schriftsatz: Joachim Rebuschat |
Bursfelder Glockenweihe
(20.1.1952)
Es ruft eine Glocke im Wesertal, ---
Wie klingt so vertraut mir ihr Läuten!
Mir ist, als hört' ich schon manches Mal Ihren Klang in vergangenen Zeiten.
Im fernen Osten, am Pregelstrand
Erbauten den Dom sich, den hehren. Die Ordensritter aus deutschem Land, um fromm ihren Schöpfer zu ehren.
Jahrhunderte stand er und hielt die Wacht. An Deutschlands Grenze, zu wahren die Botschaft, die einst die Männer gebracht. Die Gottes Apostel uns waren.-
Vor fünfzig Jahren ward mir die Stadt. Mit dem Dome zur Heimat erhoben:
Gar oft da die Stimme der Glocken mich hat gemahnt an die Heimat dort oben.
Nun ist uns verloren das schöne Land, und die Glocken hört man nun nimmer.
Das Grabmal Kants an des Domes Wand zerschlug man gewaltsam in Trümmer.
Doch eine der Glocken, die folgte uns nach, und es ist mir, als spräch' sie: "Ihr Lieben, was dereinst ich zu Euch dort in Königsberg sprach, ist Wahrheit noch heute geblieben !
Mag immer das Wesen der irdischen Welt zu Klagen und Zweifeln Euch treiben, 's ist einer, der dennoch die Treue Euch hält, Euer Gott und Vater zu bleiben !"---
So spricht sie. Und wenn nun der Töne Strom. Wir hören am Weserstrande, dann denken wir an den alten Dom.
Im nun uns verlorenen Lande.
Und dann danken wir Gott, daß er uns das Leid, das in trauernden Herzen wir tragen, zu neuem Segen gütig geweiht, wie die Worte der Glocke uns sagen.
Es ruft eine Glocke im Wesertal, wie klingt so vertraut mir ihr Läuten! Mir ist, als hört' ich schon manches Mal. Ihren Klang in vergangenen Zeiten.
Im fernen Osten, am Pregelstrand
Erbauten den Dom sich, den hehren. Die Ordensritter aus deutschem Land, um fromm ihren Schöpfer zu ehren.
Jahrhunderte stand er und hielt die Wacht. An Deutschlands Grenze, zu wahren, die Botschaft, die einst die Männer gebracht. Die Gottes Apostel uns waren.-
Vor fünfzig Jahren ward mir die Stadt mit dem Dome zur Heimat erhoben: Gar oft da die Stimme der Glocken mich hat gemahnt an die Heimat dort oben.
Nun ist uns verloren das schöne Land, und die Glocken hört man nun nimmer. Das Grabmal Kants an des Domes Wand zerschlug man gewaltsam in Trümmer.
Doch eine der Glocken, die folgte uns nach, und es ist mir, als spräch' sie: "Ihr Lieben, was dereinst ich zu Euch dort in Königsberg sprach, ist Wahrheit noch heute geblieben !
Mag immer das Wesen der irdischen Welt zu Klagen und Zweifeln Euch treiben, 's ist einer, der dennoch die Treue Euch hält, Euer Gott und Vater zu bleiben !"---
So spricht sie. Und wenn nun der Töne Strom wir hören am Weserstrande, dann denken wir an den alten Dom. Im nun uns verlorenen Lande.
Und dann danken wir Gott, daß er uns das Leid, das in trauernden Herzen wir tragen. Zu neuem Segen gütig geweiht,-- wie die Worte der Glocke uns sagen.
Die Bursfelder Glocke aus dem Königsberger Dom |
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1999 Continental
Singers (aktuelle
Tour nach
Rußland
(ehemals Ostpreussen)
quer durch Deutschland, Polen, Russland und Holland |
Auftrittsorte
im April 1999: |
russischer
Name |
ehem.
deutscher
Name |
Konzert
am |
Gussev
Gvardejsk
Sovetsk
Pravdinsk
Kaliningrad
Cernjahovsk |
Gumbinnen
Tapiau
Tilsit
Friedland
Königsberg
Insterburg |
08.4.99
09.4.99
10.4.99
11.4.99
12.4.99
13.4.99 |
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Königsberger
Dom
Eine von wenigen Kirchen, die renoviert werden konnten.
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Nachrichtenticker
von 1999 |
Herzlichen
Dank und Gottes reichen Segen an Herrn Alexander Michel (evgl.Kirche/Gumbinnen),
der dort alles so wunderbar organisiert hatte! |
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1.Konzert
in Gumbinnen: vom 8.4.99 |
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Ganz
liebe Grüße an Bert Elders (NL-Roadmanager), der mir diese Nachricht
telefonisch zukommen ließ. |
... über 4 Std. Wartezeit an der russ. Grenze, dadurch blieb nur eine
halbe Stunde Zeit zum Aufbauen, Auftritt in Straßenkleider, trotzdem
waren über 300 Besucher begeistert, danach gemeinsamer russ. Folkloreabend
...
... Contis sollen Zusatzkonzerte an den folgenden Tagen geben
...
... zum Verteilen haben Contis Kinderspielzeug, Lebensmitteldosen
und Bibeln mitgebracht ...
... die Konzerträume können die Besucher nicht fassen ...
... Besucher strahlen und weinen gleichzeitig, nehmen die christl.
Botschaft wißbegrierig auf ...
... fast 100 % Arbeitslosigkeit unter der Bevölkerung ...
... 5000 Rußlanddeutsche aus dem tiefen Osten Rußlands leben in
der Gegend, sie warten auf ihre Ausreisegenehmigung nach Deutschland
...
... Contis verkaufen ihre Musik-Cassetten für 0,50 €, die
meisten Besucher kaufen gleich zwei Stück ...
... es werden schon Konzertpläne für nächstes Jahr gemacht ...
Abschlußbericht: vom 21.04.99
...Zuschauer: min. 125 - max. 400.
... alle Musik-Kassetten: "Hold up the Light" und
"Set them Free" wurden ausverkauft.
...tagsüber kamen Leute zu unserer Pension und fragten nach
weiteren Kassetten, darunter auch ein Polizist.
... Programmhefte haben wir gratis verteilt: Oft wurde wie um
ein Souvenir darum gebettelt.
Originalstimmen
der Besucher:
"Wir fühlen uns wie im Himmel bei dieser Musik".
"2 Stunden lang hatten wir alle unsere Sorgen und Probleme
vergessen".
"Die Gesichter der Conti's strahlten soviel Freundlichkeit
aus".
"Wir haben nicht gewusst, daß es diese Art Musik überhaupt
gibt".
... viele Besucher gaben uns Blumen und umarmten uns.
... ein Hauptzollinspektor fragte an der Grenze, wie unsere
Tournee verlaufen ist.
... und das sagt die Presse
Bert
ist sehr zufrieden mit dem Verlauf der Tour und einer neuen
Tournee im Jahre 2000 dürfte nichts im Wege stehn. Ja, es wird
sogar sehr gewünscht. Ja, sie ist schon fest eingeplant!
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Grüße
auch an den Herrn York Freitag vom "Königsberger Express",
der vor Ort das Konzert in Kaliningrad (Königsberg) besucht hat. Unten findest Du seinen aktuellen Pressebericht. |
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Balanceakt
zwischen abendländischer Exaltiertheit und russischer
Seele Rußland-Tournee des Gospel - Ensembles The
Continental Singers
Bericht
aus dem "Königsberger Express"
April ´99 von York Freitag |
Hoffnung, Hoffnung, nochmals Hoffnung!
Reichlich 1500 russische Zuhörerinnen und Zuhörer waren
darauf erpicht The Continental Singers
aus dem holländischen Rotterdam spendeten sie: mit enthusiastischem
Dauerstrahlen aus Gesicht und Gesten, mit einer ausgeklügelten
Choreographie und wechselndem Outfit und mit soft-rockigen
bis gehiphopten, zumeist englischsprachigen Gospel-Melodien.
Auf einer Tour (Motto: Give Them Hope Hoffnung
für Europa), die in Holland startete und quer durch
Deutschland und Polen bis in den Westen Rußlands führte,
gab eine Continentals-Gruppe aus 17 Sängerinnen
und drei Sängern Anfang April insgesamt 13 Konzerte. Fast
die Hälfte davon bekam das Kaliningrader Gebiet zu hören:
In Gussew (Gumbinnen), Gwardejsk (Tapiau), Sowetsk (Tilsit),
Prawdinsk (Friedland), Kaliningrad und in Tschernjachowsk
(Insterburg) fanden zwischen 8. und 13. April insgesamt
sechs Konzerte statt.
Ein hartes Programm? Eigentlich schon, bestätigt
Bert Elders, Manager des Vokalensembles. Aber da
wir hier in Rußland die ganze Zeit an einem einzigen Ort
untergebracht sind, im Haus Salzburg in Gussew, ist es
verhältnismäßig erholsam.
Das Haus Salzburg hat indes nicht nur die Schlafplätze
gestellt, sondern zusammen mit der evangelisch-lutherischen
Gemeinde in Gussew auch eine Menge in Sachen Tournee-Vorbereitung
geleistet. Elders: Wir sind jetzt schon zum vierten
oder fünften Mal hier im Osten. Da gings bisher
nie ganz ohne organisatorische Schwierigkeiten einher.
Aber dank Gussew haben wirs nun langsam im Griff.
Was indes schon ein Weilchen länger klappt seit
1967 nämlich, als sich The Continental Singers
in den USA gründeten ist der ständige Wechsel ihrer
Auftrittsbesetzung: Ist eine Tour geschafft, löst sich
die alte automatisch auf, neue Bewerber werden zum Probesingen
eingeladen. Auf diese Weise haben sich die Singers
bis heute inzwischen mit über 15.000 Jugendlichen und
Erwachsenen für die globale Verbreitung des Gospel-Credos
engagiert: Hauptanliegen der Veranstalter ist neben der
Talente-Förderung, die christliche Hoffnungs-Botschaft
per klingendem Wort in die ganze Welt zu tragen.
West- und Mitteleuropa haben sie inzwischen für sich eingenommen.
Nachdem 1970 ein Auftritt in Rotterdam einigen Applaus
beschert hatte und die Besucherresonanz danach nicht abflaute,
entstand eine europäische Zweigstelle (die demnächst ihr
dreißigjähriges Bestehen feiert). Von Rotterdam aus koordiniert
diese heute elf europäische und vier amerikanische Gruppen.
Auch leistungsmäßig haben sich The Continentals
gemausert: Der ihnen zuerkannte Dove Award spricht für
sich.
Und wer Aufstiegsluft schnuppert, will rasch weiterklimmen.
Ihres Publikums im Ex-Ostblock sind sie sich inzwischen
sicher, doch sie träumen von mehr: Mit der Osterweiterung
ihres Tournee-Programms hoffen die Gospel-Botschafter
darauf, auch einmal eine selbständige Singers-Organisation
in die slawische Erde zu rammen. Bert Elders jedenfalls
ist ganz hingerissen von seiner Vision von den Russian
Continentals.
Ob das Glaube-Hoffnung-Liebe-Konzept à la amerikanisches
Optimismus-Grinsen in Rußland Wurzeln schlagen kann, bleibt
indes zweifelhaft. Was den Holländern als einem Volk,
das seit Jahrhunderten zwischen den Sprachen lebt, unverkrampftes
Kopieren von Nachbarmentalitäten ist, muß für die Slawen
im allgemeinen und für die Russen im besonderen nicht
in jedem Fall zutreffend sein. Zumal diesen ein chronisches
Zähneblecken nicht so gut zu Gesicht stünde. Nicht wegen
der blinkenden Goldzähne wegen der Mentalität eben:
ihrem Hang zur Melancholie.
Die Publikumsresonanz spricht zwar eine andere Sprache,
und die russische Jugend ist auch nicht mehr (nur) vom
Pathos eingängiger Katjuscha-Weisen und melancholischen
Romanzen-Geträllers geprägt. Heute bestimmen die Musik-Arenen
vor allem die Newcomer der 80er und 90er wie Alla Pugatschowa,
NA-NA, Agatha Christie, DDT oder Shura Vertreter
einer Stilrichtung, die die Massen für einen melodischen
Vaterlands-Rock sensibilisieren. Aber eben sensibilisieren.
Denn: Die Sehnsuchtstränen fließen trotz saftigem
Sound, trotz fetzender Rhythmen.
Und noch aus einem anderen Grund ist eine Erfolgspauschalisierung
mit Vorsicht zu genießen: Die Continentals
produzieren sich fast ausschließlich vor konfessionell
vorbelasteter Klientel (vor Protestanten)
nicht etwa vor Anhängern der russisch-orthodoxen
Kirche.
So gesehen könnte das Rußland oktroyierte Hoffnungs-Komplott
der Continentals ein Problem kriegen: die
Realitätsfremdheit ihres hehren Traums. Auch deshalb,
weil ein bis ins Detail durchgestyltes Programm der russischen
Improvisierfreude im Grunde abgeht. Sollte das Experiment
eines Tages anlaufen, ist auf jeden Fall Fingerspitzengefühl
geboten: Der russische Westen ist schon nicht mehr so
ganz Abendland-Territorium. Und das heißt unter anderem
beginnende Abkehr von Oberflächen-Exaltiertheit
zum mindesten in puncto Religiosität. |
Neues
aus Kaliningrad / Königsberg:
vom 19.April 99 |
Erhard
Wolfram war bis Ende 1998 Pastor in Sulingen. Inzwischen
tut er seinen Dienst als Propst für die evangelisch-lutherischen
Gemeinden im Oblast (Bezirk) Kaliningrad / Königsberg.
Er wird tatkräftig unterstützt von seiner Frau Luise.
Luise Wolfram schickt regelmäßig Berichte über die Arbeit
in Kaliningrad. Einer davon, datiert vom 19. April 1999,
folgt hier:
Kirchenzentrum eingeweiht
Von einem Fest und vom Alltag mit vielen Widrigkeiten
in der evangelischen Kirchengemeinde Kaliningrad/Königsberg.
Es regnet. Die nicht asphaltierten Trampelpfade werden
schlagartig zu Schlammpartien, undefinierbar die Tiefe
der Pfützen. Der Frühling stellt sich nur zögernd ein.
Die große Heizung in diesem neuen Kirchenzentrum läuft
wegen ausbleibender Betriebsgenehmigung immer noch nicht.
So bleibt es spannend. Jeder Tag bringt neues Hindernisrennen,
viel Kräfteverschleiß schon in den Vorhöfen der eigentlichen
Arbeit. Aber man lernt auch mit Baumängeln leben und mit
vielen Versprechungen, die nicht eingehalten werden.
Trotz allem sind wir noch gut dran:
Am 11.4.1999 wurde im Beisein von 500 bis 600 Gemeindegliedern
und Gästen dieses neue Gebäude feierlich seiner Bestimmung
übergeben. Ein großer und repräsentativer Bau, eigentlich
zu üppig und zu schön für seine Umgebung. 40 % der Bevölkerung
im Kaliningrader Gebiet leben unter der Armutsgrenze.
Da ist der bei der Einweihung oft ausgedrückte Wunsch
umso passender, daß dieses Gemeindezentrum ein Lichtblick
und Hoffnungsträger
unter den Menschen hier werden möchte.
Zum Festgottesdienst zogen unter der Leitung von Bischof
Kretschmar (St.Petersburg) ein Dutzend Pastoren in die
Kirche ein (aus dem Kaliningrader Gebiet und Gäste aus
Deutschland), ein Posaunenchor aus Litauen war angereist,
Chor- und
Orgelmusik (auf geliehenem transportablem Instrument);
die Festpredigt hielt der derzeitige Präsident der Ev.
Kirche der Union (EKU) Pastor Helge Klassohn aus Dessau.
(Die EKU ist der Hauptfinanzier des Kirchbaus.) Sein Thema
aus Psalm 103: "Lobe den Hern, meine Seele, und vergiß nicht, was er dir Gutes getan hat."
Für alle Festteilnehmer war ein riesiges Büffet vorbereitet
worden, gekochte Kartoffeln und Kohl wurden kübelweise
herangeschleppt, in der noch arg provisorischen Gemeindehausküche
zu schmackhaften Salaten gemengt, Margarinebrot in Massen
zubereitet. Die große Kaffeemaschine nach Sulinger Vorbild
hat die erste Belastungsprobe bestanden. Am Nachmittag
ein buntes Programm mit vielen Tanz- und Gesangsgruppen,
darunter auch mit den Kindern von Mina Wall, die im Herbst
1997 in Sulingen zu Gast waren.
Das Fest ist verrauscht. Jetzt geht der Alltag wieder
weiter mit vielen ausgestreckten Händen: hier die dringende
Operation, dort der Todesfall, in Salesje/Liebenfelde
der Wunsch nach dem Kauf eines alten Bauernhauses zur
Umgestaltung zum Gemeindetreffpunkt, in Prawdinsk/Friedland
die Probleme der Pleite der Bäckerei, die einem der Gemeindeglieder
gehörte ...
Luise und Erhard Wolfram zu erreichen über:
Osterstr. 57,
30159 Hannover,
Tel. (0511) 3631102
Fax (0511) 3631026 |
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